"Überwältigend ist die Fülle der Eindrücke, mit denen Emel Geris den Besucher empfängt. Auf eine ganz eigene Art und Weise, führt sie ihn in ihre Gedankenwelt ein. Geprägt von Entscheidungen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens treffen muss, bis hin zu fast endzeitstimmungsähnlichen Ausdrucksformen, präsentiert die Künstlerin ein breites Spektrum von Emotionen. Die dabei gewählten Farbkombinationen, verleihen dem Kunstwerk ein anziehendes Moment, das den Betrachter ermutigt, sich noch intensiver mit den Bildern und ihrer eigenen Sprache auseinanderzusetzen.
Kennzeichnend für ihren Stil ist der Ausblick in scheinbar andere Welten, sie zeigen eine Landschaft mit kosmischen Nebelformationen, wie in dem Gemälde „Ende nah!“, sowie eine verdunkelte Stadtsilhouette, über der ein Schwarm von Meteoriten vorüberzieht; auch sollte in Betracht gezogen werden, dass es sich hierbei ebenso um ein Raketenbeschuss handeln könnte, das die Künstlerin in dem Bild „Am Scheideweg“ den Besucher vor Augen führen möchte. Rätselhaft wirken diese Elemente, die Emel Geris an exponierter Stelle, dem Kunstverständigen ansprechend, auswählte. Umrahmt von Objekten und Stadtansichten eröffnen sie Einblicke in die verborgene Seele. Dabei scheinen Ängste, Erlebtes oder Befürchtungen Gegenstand dieser Kunstobjekte zu sein.
In beiden Gemälden integriert Emel Geris eine Protagonistin, die die Inhalte der jeweiligen Bilder unterstützt. Die junge Frau trägt eine auffällige Kleidung, einmal verzieren Rosenblüten ihr Kleid, ein anderes Mal besteht das Muster aus einer tarnfleckenähnlichen Struktur. Gegensätzlich sind diese Kleidungsstücke, wie die Inhalte der jeweiligen Bilder, die sie unterstützen. Betrachtet man jedoch ihr Antlitz ist keine Mimik erkennbar, nur ihre Gestiken lassen den Ausdruck in ihrem Gesicht erahnen. Bewusst hat die Künstlerin die Gesichtsmerkmale nicht mit einbezogen; der Besucher selbst soll die Emotionen, die durch die Bildsprache hervorgerufen werden, in dem Gesicht der jungen Frau erkennen.
Ein weiteres Bild, in dem die Künstlerin das Motiv einer Stadtansicht aufgreift, trägt den Titel „Ausgang“, hierbei verzichtet sie auf die Einfügung eines Blickes in die Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft. Lediglich ein paar kleine rote Blasen in denen sich jeweils ein Schlüssel befindet, an denen Figuren angebracht sind, geben den Betrachter Aufschluss über die Aussage dieses Gemäldes. Welches der richtige Schlüssel ist, um aus diesem Labyrint von Häusern zu gelangen, bleibt offen.
Aufschluss über die Deutungsmöglichkeiten können auch die eingefügten Regieklappen geben, die als Symbol zu verstehen sind. Ein selbstbestimmendes Leben zu führen, einen Ausweg aus scheinbar unüberwindbaren Problemen zu finden und am Scheideweg dann die richtige Wahl zu treffen, um anschließend durch eine Tür zu gehen, die Neues bereit hält.
Zwar kommunizieren die Gemälde von Emel Geris zuerst einen düsteren Gesamteindruck, es gibt jedoch auch Sinnbilder der Hoffnung, die den Gemälden eine aufschlussreiche und interessante Erzählstruktur verleihen."
(Text: Sylvana Trensch, Kunsthistorikerin)